Thema: Zentrum des Ungewissen Di Nov 13, 2012 11:30 pm
"Lomo hat es nicht geschafft. Es tut mir Leid." Klagelaute einer Fee. Sie sinkt auf die Knie in ihrem Blätterkleid. Der Hut, welcher 30 Zentimeter spitz in die Höhe ragt und sich an die Mitte ihres Kopfes schmiegt, ohne eine Krempe aufzuweisen, biegt sich leicht nach vorn. Sie bedeckt ihr Gesicht mit den schmalen Händen. Der Mann senkt seine kräftigen 6 Flügel. Er legt seine raue Hand auf ihren Rücken. "Die Horwala werden irgendwann merken, welchen Schaden sie anrichten, Omette." "Die Horwala werden niemals irgendetwas merken, Khrom!" Sie steht auf, weicht nach hinten. Die blassen Locken schwingen in sanften Wogen mit. "Sie werden uns alle vernichten! Ich habs dir schon immer gesagt. Ich will dieses Handelszentrum nicht. Wenn Lomo nicht an den Pfaden gebaut hätte, dann würde er jetzt hier bei mir sitzen. Bei mir und seinem Bruder, nämlich dir! Ich kann nicht fassen, dass du so ruhig bleibst."
Khrom schüttelt nur langsam seinen Kopf. "Du bist so jung, Omette... Deine Tränen schmerzen... " Er wendet sich ab. "Ich bin gerne für dich da. Und ich will dir alles erklären, wenn du ruhiger bist." Khrom setzt an zu gehen, da streckt Omette ihren Arm. "Warte. Warte bitte. Nimm mich mit. Ich will mir ansehen, wofür Lomo sein Leben lies."
Sie strecken die Flügel und sausen durch die Nacht. Sie ziehen vorbei an den Mauern der Stadt, sausen durch Wurzeln, über Wölfe hinweg, zwischen dichten Ästen. Langsam bildet sich ein Pfad in Richtung der Brücke. Einige Steine sind bereits in die Erde gesetzt worden. Bernstein findet sich hie und da glatt geschliffen in einem weißen Steinhüllen wieder und verleiht dem Weg bei Mondschein eine unnatürliche weiche Leuchtkraft. Es wirkt beinahe, als laufe man auf Honig.
Alle 20 Meter findet sich ein kleiner Pfeiler wieder, aus dunklem roten Holz, aus dessen schmalen Ästen Blüten und Blätter sprießen. In seinem Krönchen trägt auch ein jeder dieser Pfeiler eine kleine Bernsteinkugel, in welche Licht eingeschlossen ist. Wirkt wie die Lichtkugeln der Meluwala, nur in wertvolle Kugeln eingeschlossen, um der Umgebung ein weiches, sicheres und ruhiges Ambiente zu verleihen.
Der Pfad an sich ist recht gerade gebaut, die Wiesen, Bäume, Farne und Büsche münden in den Steinen, wie Flüsse in einem See. Ein Satyr streift die Blicke der beiden Feen. Er senkt seine Lider auf den Boden, nicht wissend, was er davon halten soll, ehe er seines Weges weiter geht und sie verlässt. Kurz darauf sausen zwei weiteremännliche Feen an. "Omette, was machst du hier?"
"Ich will hier arbeiten. Lomo soll nicht umsonst gestorben sein." Die Männer mustern sie verwundert. "Ist das dein Ernst? Du warst doch immer dagegen." - "Ja, es ist mein Ernst. Sagt mir, wie es geht und ich mache es." Einer lacht kurz. "In dem Aufzug?" Er erntet einen finsteren Blick und zieht den Kopf ein. "Also gut. Komm."
Niyle
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Thema: Re: Zentrum des Ungewissen Fr Nov 16, 2012 3:54 am
Die Flügel schlagen rasant, während zwei Steinhauerinnen an einer Fassade des Zentrums arbeiten. Die blonden Locken fallen über ihre Schultern. Die weißen Roben werden vom Flügelschlag immer wieder aufgeweht, wenn auch nur ein kleines Stück. Sie meißeln bereits seit Tagen an einem 20 Meter hohen Relief des Hauptgebäudes der Handelsstadt. Es wird die Erdkugel darstellen, mit der Karte vom Kontinenten Yntharia und allen enthaltenen Handelszentren. Zu diesem Zwecke hatten die Steinhauerinnen extra eine Weile in Ilyhaera verbracht und sich informiert. Jedes Detail ist enthalten, sogar die Breitengrade. In zwei Tagen wird es fertig sein. Die Eingänge werden bereits gefegt, gewischt. Hie und da sieht man Feen, die die Bernsteinkugeln für die Laternen noch einmal schleifen. Hie und da werden kleine Kuppelhäuser aufgebaut, mit floralverzierten Säulen und Fenstern aus verschiedensten Edelsteinen, so glatt geschnitten und sauber geschliffen, dass sie als Gläser verwendet werden können. Die Böden hier sind aus sorgfältig geschliffenen Marmorflächen zusammengesetzt, wobei hie und da darauf geachtet wurde, dass natürliche Weier und ihre grasbewachsenen Ufer erhalten bleiben.
Die Feen wollten ihrer Zurückgezogenheit ein Ende setzen und der ganzen Welt zeigen, was sie können. Dass sie wahre Künstler und Schlichter sind. Dass Waldbewohner nicht nur Wilde sind. Doch gab es auch vereinzelte Feen, die sich Sorgen machten.
"Njaja... Glaubst du nicht, dass wir ausgebeutet werden? Dass wir der Welt einen Punkt geben, der angreifbar ist?" "Loht... Gewissermaßen stimmt, was du sagst. Aber wie können wir je dazu lernen, wenn wir uns nicht weiter entwickeln? Neutralität ist das eine, ein Ausschluss kann jedoch nicht mehr förderlich sein. Vor allem jetzt, wo wir uns, im Gegensatz zu unseren Vorfahren, wirklich verteidigen können." "Wie will man das Zentrum noch gleich nennen?" "Bak'hal." "Zentrum des Ungewissen? Ist das deren Ernst?" Njaja schmunzelt. "Was ist daran so komisch?... Irgendwo stimmt es doch, mh?" Loht lacht und trinkt von seinem Tee. "Da hast du recht... und die anderen werden es sowieso nicht verstehen."
Niyle
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Thema: Re: Zentrum des Ungewissen Sa Nov 17, 2012 11:37 pm
Omette fällt in ihre Hängematte. Eine Vorrichtung, die an 6 Pfosten ihres Hauses gebunden ist, mit dicken Ranken. An diese Ranken wurden für die Liegefläche zusätzliche Ranken gewebt und darüber ein großes Blattwerk gelegt und festgemacht. Durch die Pflege mit einem speziellen Mittel bleibt dieses Blattwerk immer frisch. Omette zieht ihre Felldecke über sich und schmiegt ihr Köpfchen in das Fellkissen. Sie seufzt tief und schließt ihre Augen. Doch Ruhe ist etwas anderes.
Im unteren Stock des Gebäudes, wo ihre Eltern lebten, und nochmal darunter, wo ihre Großeltern ihren Sitz hatten, wurde es laut.
Vater: Wir hätten diese Straßen niemals bauen dürfen! Nie! Großmutter: Du hast Angst, Jorm, das kann hier jeder verstehen, aber willst du wirklich immer zurückgezogen bleiben? Mutter: Die Straßen sind doch gar nicht das Problem. Das Problem liegt bei den Horwala.. Und habt Ihr es gehört? Die H- Vater: Ja, die Horwala sind jetzt im Krieg. Ich hab auch zwei Meluwala gesehen, wie sie zurück in den Ergresswald gehechtet sind. Wenn die sich einmischen, haben wir bald gar keine Ruhe mehr.
Omette seufzt. Sie schleppt sich träge aus der Matte, schlicht sich ein feingewebtes halbdurchsichtiges Rankenfasertuch um ihre Schultern und schleicht die Treppen herunter. Ihr Vater lehnt mit verschränkten Armen seitlich am Kamin, während Mutter und Großmutter mit Tee in der Sitzgruppe Platz genommen hatten.
Omette: Ich habe heute auf den Straßen gearbeitet. Es geht das Gerücht um, dass sich nicht nur die Meluwala beteiligen wollen, sondern auch diese... diese Zwerge.
Die drei lachen auf. Vater: Zwerge? Liebling, was wollen denn die Zwerge von unserem Wald oder den Kriegen der Halblinge... Du solltest nicht auf diese Elfen hören, die in der Weltgeschichte herumstreunern.
Omette verzieht die Mundwinkel zu einem belegten Lächeln. "Da hast du recht, Vater."
Mutter: Allerdings müssen wir uns fragen, ob wir die Horwala unterstützen müssen." Großmutter: Ha! Du warst ja nicht da, früher, als wir noch.. Mutter; Mutter, du auch nicht. Das ist viel zu lang her. Großmutter seufzt. Mutter: Es ist auch unser Wald und wenn die Halblinge es schaffen sollten, so sie denn an den Draughr vorbeikommen, dann sind auch wir in Gefahr.
Eine angespannte Stille fegt durch den Raum.
Omette: Wir sollten das den Parteien zu bedenken geben. Ich mache mich auf den Weg. Also morgen früh. Jetzt will ich ins Bett.